Presseerklärung
Was geschah in den Jahren 1937 – 1938 in Dersim und was bedeutet dieses Ereignis?
Nun ist es gewiss, dass in Dersim eine unverhältnismäßig starke Militärkraft eingesetzt und ein Völkermord an den Kizilbasch – Aleviten verübt wurde. Man weiß es nun, dass im Sommer 1938 Zivilisten aus ihren Dörfern eingesammelt, zusammengepfercht und an hundert Orten mit gebundenen Händen und Armen erschossen oder mit Ölgas übergossen und dann verbrannt wurden. Diejenigen, die in den Berghöhlen Zuflucht suchten, wurden mit den aus Deutschland gelieferten giftigen Gasen vernichtet.
Den staatlichen Angaben zufolge betrage die Zahl der Todesopfer im Sommer 1938 c.a 14.000. Die tatsächliche Zahl der bei diesen Massenmorde Getöteten ist jedoch um einiges höher. Es ist ebenfalls gewiss, dass mehr als die Hälfte der Getöteten wehrlose, unschuldige Kinder und Frauen waren. Das Töten von unschuldigen Menschen, wehrlosen Kindern kann nicht gerechtfertigt werden. Selbst auch der Gewissenloseste würde gegenüber dieser Ungerechtigkeit nicht schweigen. Es ist nun gewiss, dass die Behauptung der Rassisten, „in Dersim habe es einen Aufstand gegeben bzw. es war ein Kurdenaufstand“ nicht mehr als nur eine Farce war, womit sie ihren Angriff auf Dersim legitimiert hatten.Wir, die Kindergeneration von Dersim nach 1938, sind mit schrecklichen und blutigen Kriegsgeschichten aufgewachsen. Trotz des erlittenen unbeschreiblichen Leidens sind wir nicht auf Blut und Rache aus. Weil auch diejenigen, die unsere Ahnen grundlos umgebracht haben, nicht mehr am Leben sind. Wir werden uns nicht derart herabwürdigen, dass wir die Kinder oder Enkelkinder der damaligen Henker und Metzger unserer Ahnen, welche unsere Existenz auslöschen wollten, jetzt zur Rechenschaft ziehen wollen.Die Forderungen der Dersimer sind sehr bescheiden, angemessen und sehr leicht zu erfüllen. Das Massaker in Dersim wurde verübt nachdem diesbezüglich in der Türkischen Großen Nationalversammlung im Dezember 1935 ein Gesetzt verabschiedet wurde.
Die Türkische Große Nationalversammlung muss ihren großen Fehler durch ein Gesetz korrigieren. Das neue Gesetz soll unseren folgenden Forderungen genügen:
- Im Zentrum von Dersim soll ein Museum für Menschlichkeit errichtet werden.
- An Orten des Massakers sollen Denkmäler errichtet werden.
- Der Name „Dersim“, den die Rassisten ohne Zustimmung unseres Volkes geändert haben, soll zurückgeführt werden.
- Die unter dem Vorwand der Ausarbeitung nicht freigegebene c.a 210.000 Geheimdokumente und sonstige geheime Archive sollten von der Antragskommission der Türkischen Großen Nationalversammlung sofort freigegeben werden. Ferner gibt es in dieser Angelegenheit zwei Parteien. Die Ansprechpartner für die Partei der Opfer sind die Dersimer. Damit das Aufarbeiten der Dokumente nicht unter Verdacht gerät und das Ganze dem aktuellen „Friedensprozess“ nicht ähnelt, sollten im Namen der Dersimer die Vertreter und Fachleute von Dersim unbedingt an dieser Kommission beteiligt sein.
- Die Begräbnisorte von Nuro, eine Dersimer Führungspersönlichkeit und seiner Freunde, die im Jahr 1926 in Elazig hingerichtet wurden und die Begräbnisorte von Seyit Riza und seiner Freunde, die im Jahr 1937 hingerichtet wurden, sollen bekanntgegeben werden.
- Die Liste der Mädchen, die zwangsweise zur Adoption freigegeben und zum Dienstmädchen gemacht wurden, sollen bekannt gegeben werden . Die sterblichen Überreste in den Massengräbern von Dersim sollen dem DNA-Test unterzogen werden.
- Für den Erhalt der Zaza-Sprache, die aufgrund der Massaker und Vertreibungen in den Prozess des Aussterbens geraten ist, sollen erforderliche Maßnahmen getroffen werden.
- Die Entschädigung für den materiellen Schaden, den die rassistischen Herrscher während der Jahre 1937 und 1938 in Dersim verursacht hatten, sollte in einem Fonds zusammengeführt und für die Entwicklung von Dersim eingesetzt werden.
- Den im Bau befindlichen und geplanten Staudämme in Dersim, mit denen eigentlich das Begraben der Stadt unter Wasser beabsichtigt ist; dem Bau der Wasserkraftwerke und der Goldgewinnungsmethode mit umweltschädigenden Zyankali; dem Bau der Sicherheitsfestungen, die Misstrauen bedeuten, muss von der amtierenden Regierung als Zeichen des guten Willens ein Ende gesetzt werden.
Wir werden unseren demokratischen Kampf so lange fortsetzen bis unsere menschlichen Forderungen erfüllt werden. Wir wollen, dass die dunklen Seiten der türkischen Geschichte beleuchtet werden, die schreckliche Vergangenheit aufgearbeitet wird und der seelische Frieden einkehrt. Wir wollen, dass in allen Herzen die Blumen des Friedens blühen. Unsere Toten unter der Erde werden zu unseren Leuchten!
Wir gedenken heute noch einmal mit aller Ehre an unseren Lieben, die wir bei dem Massaker von 1937-38 verloren haben.
Föderation der Dersim Gemeinden in Europa (FDG) Berlin 04.05. 2015